Feldlerche

Unser ornithologischer Fachwart Jürgen Hoyer hat sich die Bestandsentwicklung der Feldlerche in unserer Gemarkung genauer angesehen. In einer vergleichenden Kartierung (1995 durch Alfred Krug, 2019 durch Jürgen) ist der Rückgang um weit über 50% zu beklagen.

Im nachfolgenden Text, der auch in der Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen erschien, berichtet Hoyer über die Kartierung, das Untersuchungsgebiet, die Vorgehensweise und natürlich über die Ergebnisse der Bestandsentwicklung.


Feldlerche (Alauda arvensis), Bild von Alfred Krug

1 Einleitung

Nachdem der NABU bereits 1998 die Feldlerche zum „Vogel des Jahres“ gekürt hatte, wurde dieser Bewohner der offenen Feldlandschaft im Jahre 2019 wiederum als „Vogel des Jahres“ ausgewählt, um auf die stark negative Bestandsentwicklung der Vogelarten in der offenen Agrarlandschaft hinzuweisen (Abb. 1)

Von dem verdienten Vogelschützer und Naturfotografen Alfred Krug liegt für das Gemarkungsgebiet Worfelden (Ortsteil von Büttelborn) eine flächendeckende Erfassung aus dem Jahr 1995 vor (Krug 1996, 2000). Dies wurde seitens des NABU Worfelden zum Anlass genommen, die Kartierung im Jahr 2019 zu wiederholen. Weitere Vogelarten der offenen Feld- und Wiesenflur sind in der Worfelder Gemarkung in diesem Zeitraum gänzlich verschwunden. Zu nennen wären besonders der Große Brachvogel und der Kiebitz. Dieser ist hier z.B. von ehemals 12 Brutpaaren im Jahr 1974 kontinuierlich zurückgegangen, seit dem Jahr 2000 ist die hiesige Brutpopulation erloschen.

Für die Feldlerche liegen aus Hessen im gleichen Zeitraum sowohl Abschätzungen des Landesbestandes aus den Rote-Liste- Bearbeitungen, als auch Daten von Probeflächen aus landesweiten Kartierungen vor (VSW& HGON 1997, 2016, Stübing et al. 2010, Stübing & Meier 2017). Demnach gab es 1994 in Hessen noch über 400 000 Reviere, in der letzten Rote Listen der bestandsgefährdeten Vogelarten wird der Bestand 2014 noch mit ca. 150 000 – 200 000 Revieren angegeben. Die ehemalige „Allerweltsart“ wurde zuletzt auf der Vorwarnliste zur Roten Liste geführt (Kategorie V).

Großräumige Vergleichskartierungen von Gesamt-Gemarkungen sind in Hessen selten. Die vorliegende Kartierung erscheint auch deshalb von Interesse, weil die Landwirtschaft sich in der Gemarkung Worfelden im besagten Zeitraum durch das Ausweiten von Sonderkulturen wie Spargel und Erdbeeren weiter intensiviert hat, wodurch der Anteil der Kulturen unter Folienabdeckung drastisch erhöht wurde.

 

2 Untersuchungsgebiet

Das Untersuchungsgebiet liegt im nordöstlichen Teil des Landkreises Groß- Gerau und ist 820 ha groß. Es gehört naturräumlich vollständig zum sogenannten „Hegbach-Apfelbach-Grund“ in der Westlichen Untermainebene. Die Gemarkung Worfelden wird in ihrem nördlichen Bereich durch Waldareale begrenzt, die für die Feldlerche nicht nutzbar sind. Um die Ortslage herum befinden sich ausgedehnte Ackerfluren, zumeist auf sandigen Böden. Die Gemarkung wird von mehreren Bächen durchzogen, wobei die ehemaligen Bachauen des Apfelbachs im Norden und des Mühlbachs im mittleren Bereich als Vertiefungen im Gelände deutlich wahrnehmbar sind („Bachgrund“).

Im Bearbeitungszeitraum ist im Norden der Gemarkung auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen ein Golfplatz entstanden. Die landwirtschaftliche Nutzung wurde seit 1995 deutlich intensiviert. Weite Teile der nördlichen und südlichen Gemarkung sind heute mit Sonderkulturen wie Spargel, Erdbeeren und Salatkulturen bestanden. Der Anteil der Folienabdeckung und Folientunnel im Frühjahr kann im Jahr 2019 mit rund 25 – 30% abgeschätzt werden. Der landwirtschaftliche Anbau unter Folie konzentriert sich insbesondere auf die Gemarkungsbereiche im Norden und Süden der Ortslage Worfelden. 1995 spielte der Anbau unter Folie in der Region noch überhaupt keine Rolle und lag unter 1%.

 

3 Methodisches Vorgehen

Die Erfassung fand im Zeitraum vom 29. März bis 11. Juni 2019 statt. Insgesamt waren es 14 Begehungen der gesamten Gemarkungsfläche, davon die Mehrzahl früh am Morgen nach Sonnenaufgang. Die Methodik richtete sich im Wesentlichen nach Südbeck et al. (2005). Dabei wurden alle Gemarkungsbereiche flächendeckend mehrfach begangen und in der Regel von den Feldwegen aus die Reviere verortet. Schwerpunkt der Erfassungen war der Monat April mit 7 Begehungen. Erfasst wurden nach dem Methodenstandard alle singenden Feldlerchen, diese wurden der jeweiligen Fläche zugeordnet und idealisierte Reviermittelpunkte dargestellt. Insgesamt wurden dazu knapp 40 Beobachtungsstunden aufgewendet. Die erfassten Revierzahlen wurden mit der methodisch ähnlichen Vorgehensweise aus 1995 verglichen (Krug 2000).

 

4 Ergebnisse und Diskussion

Insgesamt wurden im Jahr 1995 noch 58 Feldlerchen-Reviere erfasst, im Jahr 2019 waren es demgegenüber nur noch 25 Reviere. Die Bestandszahlen bedeuten einen bedauerlichen Rückgang von 56,9%. Innerhalb von 24 Jahren ist die Anzahl der Reviere somit um deutlich mehr als die Hälfte zurückgegangen. Bei der Erhebung im Jahre 1995 hatte Alfred Krug bereits festgestellt, dass der Bestand an Feldlerchen schon damals auffallend zurückgegangen war. Dies konnte er jedoch aufgrund mangelnder Vergleichserfassungen nicht mit Zahlen belegen. Er beklagte in diesem Zusammenhang die strukturelle Umwandlung der Anbaukulturen, wonach damals bereits etwa 30% der offenen Agrarlandschaft infolge des intensivierten Spargelanbaus als für die Feldlerche ungeeignete Brutreviere ausgeschieden seien (Krug 1996, 2000). Die erfassten Reviere verteilen sich auf die drei Worfelder  Gemarkungsareale:

 

„Worfelder Norden“

Der größte Bestandsrückgang ist dabei im „Worfelder Norden“ zu verzeichnen. Ein Teil der landwirtschaftlich genutzten Flächen wurde hier in einen Golfplatz umgewandelt. Diese Flächen besitzen z.T. für andere, auch seltenere Vogelarten, wie z.B. Zwergtaucher, Blaukehlchen und Rohrammer, einen gewissen Wert. Für die Feldlerche bietet die Golfplatzfläche allerdings nur noch in ihren Randbereichen geeigneten Lebensraum. Außerhalb dieser Flächen ist aufgrund des flächenhaften Folienanbaus und zahlreicher Sonderkulturen der Rückgang der Feldlerche kaum wesentlich geringer. Insbesondere im nordwestlichen Teil ist die Anzahl der Brutreviere dadurch von neun auf zwei dramatisch zurückgegangen.

 

„Worfelden Mitte“

Die 1995 noch ortsnah direkt östlich und westlich der Ortslage vorzufindenden Reviere sind mittlerweile erloschen.

 

„Worfelder Süden“

Das Gemarkungsareal im „Worfelder Süden“ weist gegenüber den anderen Gemarkungsbereichen noch den geringsten Bestandsrückgang auf. Allerdings sind mit nahezu 40% Bestandsrückgang auch hier die Verluste gravierend.

In allen drei Worfelder Gemarkungsarealen konnten im 24-Jahres-Zeitraum für die Feldlerche deutliche Bestandsrückgänge festgehalten werden. Diese liegen insgesamt noch deutlich über dem hessischen Landesdurchschnitt von 44,4%. Das „Monitoring häufiger Brutvögel“ weist im Vergleichszeitraum einen Bestandsrückgang von rund einem Drittel aus (s. Stübing &Meier 2017 – für den Zeitraum von 1998 bis 2015). Im vorliegenden Fall waren die Rückgänge kleinräumig dort am höchsten, wo der Sonderkultur-Anbau am intensivsten und die Folienbedeckung im Frühjahr am höchsten war.

 

Weiterhin ist zu bedenken, dass die in den Sonderkulturen brütenden Feldlerchen aller Wahrscheinlichkeit nach nur geringe Bruterfolge zeitigen, da zu Beginn der Brutzeit noch relative Ruhe auf den Äckern herrscht. Nach dem Einsetzen der Spargelsaison Mitte bis Ende April und der Erdbeerernte Anfang Mai ist jedoch täglich z.T. mehrfach eine große Zahl von Erntehelfern auf den Feldern, so dass zahlreiche Erstbruten durch die häufigen Störungen scheitern dürften.

Die vorliegende Arbeit liefert somit einen deutlichen Nachweis dafür, dass die Bestandsrückgänge bei der Feldlerche in von Sonderkulturen mit Folienanbau dominierten Ackerlandschaften noch einmal eklatant höher sind als in der „normalen“ Feldflur.

 

5 Danksagung

Vielen Dank an den NABU Worfelden für die Unterstützung, insbesondere an Torsten Petri für die hilfreichen Vergleiche der Brutplätze. Leo Petri sei für die zur Verfügung gestellten Drohnenbilder gedankt.